die Reise, Iran

Ab in die Wüste

Der Iran besteht zu einem Drittel aus Wüste, die fast das gesamte zentrale Hochland einnimmt. In den letzten drei Tagen haben wir eindrucksvoll erfahren, dass Wüste nicht Ödnis bedeutet und alles andere als eintönig ist…. manchmal allerdings schon, denn so sieht es erstmal während der vierstüdigen Autofahrt aus:

Da man sich im Iran eher kein Auto leiht, sondern zu moderaten Preisen ein Taxi mit Fahrer bucht, sind wir mit Khalil unterwegs, ein beeindruckender junger Student von gerade mal 23 Jahren mit gutem Englisch, der uns im Laufe der Tage alle unsere Fragen zum Iran, Politik und Gesellschaft beantwortet, sehr offen, kritisch und aus seiner ganz persönlichen Perspektive.

Gegen Nachmittag erreichen wir unser erstes Ziel Garmeh, eine Oase – wie aus den Märchen von Tausendundeiner Nacht: aus einem mächtigen roten Fels strömt glasklares Wasser, in dem sich kleine Fische tummeln. Das Wasser speist die Gärten mit Dattelpalmen und Gemüse. Das Dorf besteht aus roten Lehmbauten, am Rande weiden ein paar Kamele. Über die Annäherungsversuche des Hundes kann eines der Kamele nur genüsslich grinsen.

Und damit nicht genug: In unserer Herberge empfängt uns Mazyeh, der genauso aussieht, wie man sich als Kind den lieben Gott vorgestellt hat, und mit seiner dröhnenden tiefen Stimme auch genauso klingt. Er hat das vom Verfall bedrohte Haus seiner Eltern mit Hilfe seiner französischen Frau originalgetreu wieder hergerichtet und bietet Touristen hier Unterkunft und Verpflegung, wie es authentischer nicht geht: Wohn- und Essraum bestehen aus einer großen erhöhten Plattform, ausgelegt mit – natürlich! – Perserteppichen und Sitzkissen. Iraner aller Altersstufen sitzen hier mühelos stundenlang im Schneidersitz. Es ist schon auffällig, wie oft wir versuchen, uauffällig und unter Ächzen die Sitzposition zu ändern. Das Essen ist unglaublich lecker – außer Khalil und uns ist hier noch ein iranisches Pärchen aus Teheran und ein iranstämmiges Paar, das seit 30 Jahren in Deutschland lebt und auf Familienbesuch unterwegs ist. Der Mann ist eifrig bemüht, uns zu zeigen, wie gut er Deutsch spricht (wirklich sehr gut) und wie gut seine Familie integriert ist („wir haben in Göttingen ein Haus und vier Kinder, alle haben studiert und haben jetzt gute Jobs in Deutschland, verdienen viel Geld und zahlen ihre Steuern…) Die Frau spricht ebenfalls bestens deutsch und sagt: „Aber Heimweh habe ich trotzdem immer noch…“

Am nächsten Morgen fahren wir weiter nach Varzaneh, eine Kleinstadt in einem ganz anderen Teil der Wüste. Khalil muss zurück an die Uni und übergibt uns in die Hände seines Onkels Reza, der hier ein kleines Hostel aufgebaut hat. Das Haus scheint das Herz der Großfamilie zu sein, denn ständig kommen und gehen seine sechs Brüder, helfen etwas mit, bringen etwas vorbei, fahren die Gäste irgendwohin, oder sitzen einfach im Hof, trinken Tee und plaudern. So kommt zum Beispiel am Morgen der älteste Bruder mit einem Beutel frisch geschnittener Rosenblüten, verteilt diese unter den anwesenden Gästen und Brüdern und so sitzen die alten Männer beinander, versenken die Nase in ihren Blüten und schnuppern andächtig, minutenlang….

Man könnte einfach den ganzen Tag auf einer der Sitzflächen im Hof sitzen und dieses Treiben beobachten, aber dafür sind wir ja nicht hier. Wir wollen den Salzsee und die Sanddünen sehen. Diesmal fährt uns Khalils Vater, natürlich einer von Rezas Brüdern – und zwei junge Franzosen sind ebenfalls mit von der Partie. Es wird eine unvergleichlich lustige Tour – und obwohl die Tage eigentlich eher bewölkt und kühl sind (jawohl, geradezu kalt ist es in der Wüste!) haben wir am Abend auf den Sanddünen Glück: die späte Sonne kommt durch und zeigt uns eine Wüstenlandschaft wie aus dem Bilderbuch. Ein Riesenspaß ist das Sandboarding, wobei alle die Boards lieber als Schlitten benutzen; nur Simon stürzt sich stehend wie ein Surfer hinunter und macht dabei bella figura!