Grenzübertritt mit Schreckmomenten

Grenzübertritt mit Schreckmomenten

Heute ist es also soweit, wir verlassen den Iran. Unser Visum läuft ab und wir haben ja auch noch viel vor. In Täbriz, wo wir die letzten Tage verbracht haben besteigen wir einen klapprigen Bus nach Khoy. Von dort geht es nur noch mit dem Taxi weiter…. 60 Kilometer durch ein einsames Tal, mit grüne Wiesen am Fluss, ansonsten karge Berge, immer entlang der einstigen Eisenbahnlinie Teheran-Istanbul, die leider auf diesem Teilstück zur Zeit nicht in Betrieb ist. Auf der ganzen Strecke kaum ein Dorf und fast kein Verkehr, wir nähern uns offenbar dem Ende der Welt…

Und dann sind wir da: die Grenzgebäude ein Containerdorf, davor jede Menge Männer, die irgendwelche komischen Dinge tun, wobei immer viele Stangen Zigaretten von Hand zu Hand und von Tüte zu Tüte gereicht werden.

Wir sind mit unseren Rucksäcken die Exoten und ernten mal wieder viel Aufmerksamkeit der freundlichsten Sorte. „Willkommen in Kurdistan! Wollt Ihr Tee?“ Warum eigentlich nicht? Es ist inzwischen Mittag wir haben noch einige iranische Rial übrig, wir entscheiden uns für einen letzten iranischen Kebab. Große Begeisterung und Riesen- Interesse bei allen Umstehenden.

Ab und zu gehen vereinzelt Menschen Richtung Passkontrolle, immer mit vielen schwarzen Plastiktüten. Nach dem Essen reihen wir uns ein und bekommen problemlos den Ausreisestempel für den Iran. Auf dem Weg zum türkischen Einreise-Schalter kommt uns plötzlich die Frage: „Sag mal, brauchen wir eigentlich IRGENDETWAS für die Einreise in die Türkei?“ Wir waren automatisch davon ausgegangen, dass wir einfach mit unserem schicken EU-Pass durchmarschieren können. So ist es zum Glück auch: Stempel, Welcome to Turkey, Kopftuch runter, endlich frischen Frühlingswind in den Haaren.

Dann am Zoll ein Gepäckscanner. Der Opa vor uns hat Stress mit seinen schwarzen Tüten, packt Teepäckchen hin und her und drückt uns schließlich mit bittendem Blick eine schwere Tüte in die Hand. „Chai, Tee“ sagt er beruhigend. Im ersten Reflex erklären wir uns natürlich freundlich bereit, seinen Teeimport auf unser zollfreies Kontingent zu nehmen. Aber ist das wirklich Tee?  Hat Pablo Escobar nicht auch so angefangen? Und überhaupt, hier im Kurdengebiet an der türkisch-iranischen Grenze, da könnte ja noch was ganz anderes drin sein…. Die Tüte ist schon ziemlich schwer, oder? Keine Zeit für Zweifel, schon landet unser Gepäck samt Tüte auf dem Scannerband, kurzer Schweißausbruch, dann freundliches Nicken der Zöllner: Alles in Ordnung Um die Ecke wartet der Opa mit Bonbons für uns und nimmt seinen Tee wieder entgegen.
Simon macht noch ein Foto von den Flaggen der beiden Länder, prompt kommt auch ein türkischer Soldat und will sehen, was wir da fotografiert haben. Er freut sich dann aber über die Bilder und bringt uns die ersten Worte türkisch bei. Hallo, Bitte, Danke…großes Gelächter auf allen Seiten. Draußen auf der türkischen Seite wiederholt sich dann dasselbe Schauspiel, in dem jede Menge Zigarettenstangen die Hauptrolle spielen. Man versteht es einfach nicht….

Kurz später sitzen wir im Minibus und brausen über eine leere, vierspurige Autobahn nach Van, vorbei an aufgeräumten Dörfern mit nagelneuen Häusern. In Van erwarten uns breite Einkaufsboulevards mit schicken Läden, überwiegend neue Autos und hippe junge Leute im „Jazz-Cafe“. Irgendwie hatte ich von Südost-Anatolien ein anderes Bild im Kopf….

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