Heute ist unser letzter Tag im Iran. Morgen überschreiten wir die Grenze zur Türkei, wo wir noch ein paar Tage am Van-See in Anatolien verbringen. Dann geht es relativ zügig mit der Bahn nach Istanbul, wo wir uns Fahrräder kaufen werden, um über den Balkan und die Alpen nach Freiburg zurückzuradeln – ca. 4000 km in gut zwei Monaten. So ist der Plan. Wenn jemand Lust hat, uns ein Stück zu begleiten oder uns entgegenzukommen: Wir freuen uns!
Heute aber nehmen wir erstmal Abschied vom Iran. Wir sind uns einig, dass dieses Land eine der beeindruckendsten und schönsten Stationen unserer bisherigen Reise war. Es gibt noch so viele Aspekte, über die wir hätten schreiben, berichten, schwärmen können – aber dann hätten wir wohl nur noch am Bildschirm gesessen und diese gar nicht erlebt. So vieles, was wir beobachtet und gesehen haben, was uns auffällt oder gefällt, hätte einen eigenen Beitrag verdient. Zum Beispiel waren da noch….
…die schier unfassbare Gastfreundschaft: Der Gast ist ein Geschenk Gottes heißt es auf persisch. Wir wurden so unendlich oft angesprochen, gegrüßt, eingeladen – zum Tee, zum Essen, zur Übernachtung. Kaum steht man 30 Sekunden ratlos an einer Kreuzung, bietet sich jemand an uns zu helfen. Meistens wird es nicht dabei belassen, den Weg zu erklären. Nein, wir werden gleich zu unserem Ziel gebracht und dort mit wärmsten Empfehlungen in vertrauenswürdige Hände übergeben. Nur einen Bruchteil der Gesprächs-, Hilfs-, Nahrungsmittelangebote konnten wir annehmen. Manchmal ist es schon fast anstrengend, dass wir kaum vorankommen, unser Sightseeing-Pensum nicht schaffen, weil so viele Menschen mit uns reden, uns fragen, uns helfen wollen oder uns schlicht willkommen heißen. An keinem Ort in diesem Land sind wir 500 Meter auf der Straße gegangen ohne dass uns zumindest dreimal entgegenschallt: Welcome to Isfahan, welcome to Kurdistan, welcome to Iran…
…einmal Star sein: Wer ein Bedürfnis danach verspürt, der oder die komme in den Iran! Soviel freudige Begeisterung, wo immer ich auftauche. So viele aufgeregt kichernde junge Mädchen, die mich mal schüchtern, mal mutig um ein gemeinsames Selfie bitten. Aber auch Fotoorgien mit Großfamilien oder Schulklassen, deren Produkte natürlich umgehend als Trophäe auf Instagram landen. Wären wir Shakira und Pique, es könnte kaum anders sein….
…Die Moschee als Ruheraum: Die Moschee ist offenbar ein erweitertes Wohnzimmer für viele Menschen. Einheimische und Besucher, Gläubige und Ungläubige streifen hier die Schuhe ab, lassen sich (wie zu Hause auch) auf den Teppichen nieder – einzeln, als Paare oder in Gruppen. Sie sinnieren oder kontemplieren, lesen oder unterhalten sich leise, breiten auch schon mal den Stadtplan aus oder beugen sich über den Reiseführer und ja: sie spielen auch an Ihren Handys rum – eben wie zu Hause im Wohnzimmer. Über alledem liegt eine ruhige und gedämpfte Atmosphäre und so nehmen wir es den Leuten durchaus ab, die uns erklären, die Moschee sei nicht nur ein Gebetraum, sondern in erster Linie ein Rückzugsraum um hin und wieder dem Alltag mit seinem Lärm und der Hektitk zu entfliehen.
… der Besuch in Kandovan:
ein kleines Kappadokien mit in Stein gehauenen Wohnungen in Zipfelmützen-Felsen vor der Haustüre der Stadt Täbris…
…die kurdischen Trachten, die von quasi ALLEN Männern im iranischen Kurdistan egal welchen Alters getragen werden.
…Das Brot als Multifunktionsinstrument: Die Iraner lieben ihr Brot, tragen es stapelweise und liebevoll vom Bäcker nach Hause und benutzen es dort nur teilweise zur Sättigung. Brot dient auch als Besteck, zum Einpacken von Speisen, zum Mundabwischen und wenn es sein muss auch als Unterlage zum Essen. Nudelgerichte, Salate und Fleischspieße vom Imbiss werden einfach in das flache, papierartige Brot eingewickelt – fertig. Man isst davon, soviel man möchte. Der Rest wird ohne Wehmut weggeworfen. Letzteres ist für uns zunächst gewöhnungsbedürftig, aber eigentlich allemal besser als Plastik- oder Styroporverpackungen.
und und und…