die Reise, Radtour

Bulgarien zwischen Blues und Blumen

Nach 12 Tagen und 885 Kilometern haben wir den Norden der Türkei durchfahren und Bulgarien einmal von Südosten nach Nordwesten durchquert. Bulgarien, das war für uns: ein Gebirgszug, den es zu überwinden galt, ganz viel weite Landschaft, blühende Mohnfelder, viele verschlafene Dörfer mit roten Ziegeldächern, aus denen das Leben zu verschwinden scheint. Der Tod ist allgegenwärtig  –  die Dörfer sind mit bebilderten Todesanzeigen tapeziert, Gedenksteine für junge Autofahrer an den Alleebäumen, immer wieder überfahrene Tiere auf der Landstraße: Schlangen, Hasen, sogar ein Dachs. Aber das Leben auch: Diejenigen, die noch da sind, pflegen hingebunsvoll ihre Gemüsegärten und Rosensträucher, in jedem Dorf mindestens ein Storchenpaar, dass seine Jungen aufzieht, Pferdekarren auf der Landstraße, deren Fahrer uns freundlich zuwinken. Der Straßenrand ein Biotop mit Eidechsen, Igeln, Schlangen; sogar Füchse begegnen uns am hellichten Tag. Es duftet nach Kräutern und Blumen – die Vögel zwitschern und singen den ganzen Tag, wie man es im Schwarzwald kaum noch hört – und immer wieder unendlich weite Mohnfelder. Über allem liegt ein Hauch von Melancholie.

Gestern sind wir an der Donau angekommen, die hier die Grenze zu Rumänien bildet. Breit und träge fließt sie dahin, ab und zu ein alter Lastkahn, ansonsten Ruhe. Wir folgen diesem großen europäischen Fluss stromaufwärts auf kleinen Straßen oft gänzlich ohne Verkehr, begegnen zum ersten Mal anderen Radlern, passieren ein Atomkraftwerk, ab und zu kleine Städte, endlose Flussauen und Landwirtschaft, die gänzlich ohne Menschen auszukommen scheint.  Auf den riesigen Feldern wächst das Korn proper vor sich hin, man sieht keine Menschenseele.

Genau das, was wir wollten: Ruhe, Beschaulichkeit, ein langer ruhiger Fluss, um unsere Eindrücke der letzten Monate zu verarbeiten. Und so lassen wir beim Radeln unsere Reise nochmal an uns vorüberziehen und erinnern uns an jeden einzelnen Tag. Gerade sind wir gedanklich an der Karibikküste in Kolumbien. Was für ein Kontrast! Wie vielfältig diese Welt doch ist!