Vor einigen Tagen sind wir an einem Theater vorbeigekommen, wo gerade Tickets für irgendein Konzert verkauft wurden. Wir haben uns einfach angestellt und zwei Karten gekauft. Gestern war die Vorstellung: ein unvergessliches Erlebnis.
Hinter einer recht unscheinbaren Fassade tat sich das Teatro América auf; in voller Pracht der 20er Jahre: Kronleuchter, Logen in Muschelform, riesiger roter Samtvorhang, das volle Programm. Der Saal mit ca. 700 Plätzen füllte sich schon eine halbe Stunde vor Beginn, das Publikum – eine Augenweide! Überwiegend ältere Afro-Kubaner im Sonntagsstaat, mit viel Schmuck und Schminke, die Haare sorgsam onduliert. Wir beide die einzigen Ausländer weit und breit.
Das Konzert gab das Orchestra Aragon, das seine größte Zeit wohl in den 50er und 60er Jahren hatte – eine typisch kubanische, also sehr gute Musik-Kombo – wie sie in kleinerer Formation an jeder Straßenecke spielt.
Die eigentliche Sensation war das Publikum. Nach den ersten Takten sprang direkt vor uns eine Oma auf – das Kräuselhaar strahlendweiß, ein Gesicht wie eine Landkarte – und begann zu tanzen. Spätestens nach der Hälfte des Lieds stand der ganze Saal und tanzte zwischen den engen Stuhlreihen – Die Zwischengänge hatten sich die Paare erobert. Junge und Alte, Männer und Frauen schwangen die Hüften im heißesten Salsa-Rhythmus – da könnte Shakira noch etwas lernen! Am Ende eines jeden Liedes setzten sich alle wieder hin, nur um zu Beginn des nächsten sofort wieder aufzuspringen und mitzuschwingen. Eine unglaubliche Energie und Lebensfreude im ganzen Saal.
Die Oma vor uns hat kein einziges Lied ausgelassen, den ganzen Abend getanzt wie ein junges Mädchen – um am Schluss mit Hilfe Ihres Krückstocks nach Hause zu gehen.