Gestern habe ich mich von Midtown Manhattan über den Broadway und durch Downtown West einschließlich Greenwich Village und SoHo gearbeitet. Ohne Witz: Soviele Eindrücke auf einem einzigen Fußmarsch an einem einzigen Tag: das ist echt harte Arbeit.
Ich bin nicht zum ersten Mal in New York – und trotzdem wieder völlig überwältigt von Manhattan: Man muss sich nur einmal um sich selbst drehen und hat man schon soviel Überraschendes, Skurriles oder Beeindruckendes gesehen, dass es für ein halbes Leben reicht….
Ein Highlight, das ich noch nicht kannte: Die Highline. Hier wurde aus einer ehemaligen Hochtrasse für Güterverkehr der wohl längste und schmalste Park der Welt gemacht – eigentlich nur ein begrünter Weg – etwa auf Höhe der dritten Etage. Das ermöglicht völlig ungewohnte Blicke auf die Rückseiten von Häusern, auf die Straßen, auf den Hudson-River und Hafenanlagen. Was für eine geniale Idee – mit viel Liebe zum Detail umgesetzt und ein echter Gewinn für die Menschen der Stadt (und die Touristen…)
Danach dann das Meatpackers District – vor zwanzig Jahren noch ein rauhes No-Go-Area am Hudson River – heute eine edle Einkaufsmeile im Industrie-Loft-Schick. Überhaupt scheint das für große Teile der ganzen Stadt zu gelten: Als ich 1990 zum ersten Mal in New York war sollte man abends möglichst nicht mehr auf die Straße gehen, geschweige denn U-Bahn fahren. Davon ist heute keine Rede mehr. New York gilt als sicher, finstere Ecken oder No-Go-Areas gibt es praktisch nicht mehr. Ist natürlich angenehem für Bewohner und Besucher.
Aber ich frage mich andauernd: Wo sind die Leute geblieben, die diese Stadt früher so gefährlich und teilweise bedrückend gemacht haben? Die vielen Obdachlosen, Bettler, Junkies und gewaltbereiten Gangster? Die sind doch nicht alle in die Mittelschicht aufgestiegen und können jetzt von neu geschaffenen Niedriglohn-Jobs die immens gestiegenen Mieten bezahlen! Wo sind diese Leute??? Der Frage muss ich noch nachgehen…
Ansonsten spaziere ich an dem Tag noch durch Galerien in Chelsea, durchs Greenwich Village und durch Soho. In der Christopher Street (!) hat jemand alle Bäume mit Häkeldeckchen ummantelt und im schicken SoHo gibt es ein Café/ Bookstore von einer Obdachlosen-Initiative. Ein großartiger Ort, wo Obdachlose genauso wie Studenten, Touristen oder Leute aus der Nachbarschaft lesen, arbeiten und einfach Zeit verbringen können. Junge Menschen betreiben ehrenamtlich die Kaffeebar – und das alles um die Ecke von AppleStore, Prada und Co.
Abends war ich dann noch mit meiner Schwester Tina in zwei Jazz-Kellern – wieder ein Erlebnis für sich – und ganz schon viel für einen Tag.